Internationale und transkulturelle Ordensgemeinschaft – mitten unter den Menschen

Das Kongregationsleitungsboard der Schwestern von der Göttlichen Vorsehung tagt derzeit in Mainz. Vertreterinnen aus Südkorea, den USA, Peru und Deutschland kommen hier zusammen, um gemeinsam über die zukünftige Ausrichtung und Weiterentwicklung der internationalen Ordensgemeinschaft zu beraten.Im Mittelpunkt der Begegnung steht der Austausch über die Herausforderungen und Chancen einer weltweiten Gemeinschaft, die sich in unterschiedlichen kulturellen Kontexten, aber mit einem gemeinsamen Glauben und Auftrag engagiert: nahe bei den Menschen zu sein.

Zum Auftakt des Treffens feierte Bischof Peter Kohlgraf den Eröffnungsgottesdienst. In seiner Predigt würdigte er das Wirken und das Glaubenszeugnis der Schwestern:

„Am Puls der Zeit – Sie leben das Vertrauen auf die Vorsehung Gottes. Es braucht Mut zur Nachfolge, es braucht Mitgefühl, es braucht Hoffnung, etwas in der Welt verändern zu können. Ihre Gemeinschaft lebt all das bis heute. Auf dem Fundament des Glaubens war Ihre Gemeinschaft immer an den Freuden und Hoffnungen, an den Fragen und Sorgen der Menschen dran.“

Das internationale Treffen steht damit ganz im Zeichen des gemeinsamen Weges in die Zukunft – getragen vom Vertrauen auf Gottes Vorsehung und vom Glauben daran, dass die Gegenwart Christi überall dort erfahrbar wird, wo Menschen füreinander da sind.

 

Predigt zum Gründungsfest des Ordens der Schwestern der Göttlichen Vorsehnung

Montag 29. September 2025, 09:00 Uhr

Es gilt das gesprochene Wort.

 

In der Mitte des 19. Jahrhunderts gründete Bischof Wilhelm Emmanuel von Ketteler den Orden der Schwestern von der Göttlichen Vorsehung. Bis heute leben Sie hier am Gründungsort in Mainz-Finthen. Als Bischof schaue ich heute dankbar mit Ihnen auf die Jahrzehnte Ihres treuen Dienstes in der Nachfolge Jesu. Für heute und die Zukunft dürfen wir auch in den Zeiten, in denen sich unendlich viel verändert, auf Gottes Vorsehung vertrauen. In vielen Bereichen waren und sind die Schwestern tätig, für Kinder und Jugendliche, in Schule und Bildung, in vielen Bereichen der Seelsorge. Die Schwestern sind nahe bei den Menschen.

Als Bischof kann ich von Ihnen das Vertrauen auf die Vorsehung Gottes lernen. Er führt auch in diesen Tagen die Kirche. In einem Gebet des Generalkapitels von 1995 lese ich auf Ihrer Homepage:

WIR PREISEN, O HERR, DEINE VORSEHUNG UND WIR VERTRAUEN UNS DEINER LIEBENDEN SORGE AN

mit Lob und Dank für das Gute und Schöne, das wir empfangen haben,

mit Zuversicht, wenn wir unsere Grenzen erfahren,

mit Hingabe an Deinen geheimnisvollen göttlichen Willen in Leid und Enttäuschung.

WIR LEBEN AUS DEINER VORSEHUNG, HILF UNS, SIE IN UNSERER WELT TRANSPARENT ZU MACHEN

durch Treue, indem wir als verantwortungsvolle Verwalterinnen und Verwalter der Erde und unserer persönlichen Gaben leben,

durch Mut, in dem wir uns für das Gute und die Gerechtigkeit in unserer Zeit einsetzen,

durch Mitgefühl, indem wir uns die Freuden und Leiden Deines Volkes zu eigen machen,

durch Hoffnung in der Zusammenarbeit mit Menschen guten Willens am Aufbau Deines Reiches.

Ich kann dieses Gebet für unsere Diözese gut mitbeten. Das Leben in der Nachfolge Jesu bedeutet nicht nur Sonnenschein. Aber Christinnen und Christen dürfen im Vertrauen darauf leben, dass Gott seine Kirche nicht im Stich lässt. Es braucht Mut zur Nachfolge. Es braucht Mitgefühl als eine christliche Haltung. Es braucht die Hoffnung, etwas in dieser Welt verändern zu können. Dafür stehen Sie heute. Ihre Gemeinschaft hat es in den Jahrzehnten gelebt und lebt es bis heute. Wichtige Themen Ihrer Gemeinschaft sind Themen der Kirche und der Gesellschaft, in der wir heute leben. Von Anfang an war Ihre Gemeinschaft am Puls der Zeit, an den Freuden und Hoffnungen, den Fragen und Sorgen der Menschen dran. Es hat sich in den vielen Jahren manches verändert, die Welt ist eine andere geworden. Als Kirche sollten wir uns nicht in ein Schneckenhaus zurückziehen und die Welt einfach Welt sein lassen. Wir sollten uns als Teil dieser Welt verstehen und gleichzeitig daran erinnern, dass wir ein starkes Fundament im Glauben an Gott haben. In dem obigen Text sprechen Sie das christliche Prinzip der Stellvertretung an. Wo andere nicht mehr glauben und hoffen, leben Sie diesen Glauben und diese Hoffnung. Und damit leben Sie unseren christlichen Auftrag insgesamt.

Göttliche Vorsehung meint nicht, dass alles automatisch abläuft. Ja, Gott hat eine Idee für diese Welt und für jeden einzelnen Menschen. Aber es braucht Menschen, die ihm Hand und Fuß, Mund und Herz und den Verstand zur Verfügung stellen. Die ursprüngliche Ordensidee beinhaltete auch das Mitleid mit den Menschen der Zeit. Dazu musste man die Situation der Menschen kennen, aber auch auf Christus schauen, den menschgewordenen und gekreuzigten Herrn. Wer auf ihn schaut, soll Mitleid lernen. Und dadurch soll sich die Gesellschaft verändern. Auf einen solchen Gekreuzigten etwa kann man in Münster in der Ludgerikirche schauen. Dieser gekreuzigte Christus ist besonders eindrucksvoll. Man sieht dort einen Gekreuzigten ohne Arme. Im zweiten Weltkrieg hat Christus bei einem Bombenangriff beide Arme verloren. Wenn man vor diesem Kreuz betet, rührt es einen schon an. Normalerweise sieht man die Arme weit ausgebreitet, so, als würde er uns an sich ziehen, als würde er alle Menschen berühren und umarmen wollen. Das kann er bei diesem Kreuz nicht. Unter diesem Kreuz steht folgendes Gebet aus dem 14. Jahrhundert:

Christus hat keine Hände, nur unsere Hände, um seine Arbeit heute zu tun.
Er hat keine Füße, nur unsere Füße, um Menschen auf seinen Weg zu führen.
Christus hat keine Lippen, nur unsere Lippen, um Menschen von ihm zu erzählen.
Er hat keine Hilfe, nur unsere Hilfe, um Menschen an seine Seite zu bringen
.

Natürlich kann man diesen Text auch falsch verstehen. Gott hat immer mehr Macht und Möglichkeiten als unsere menschlichen. Aber schauen wir genau in die Evangelien. Jesus gibt seinen Jüngern den Auftrag, das Reich Gottes, Jesu Werk in der Welt gegenwärtig zu machen. Wie er aus Liebe das Kreuz getragen hat. Er will nicht ohne uns Menschen handeln. Wir sind seine Hände, die Gutes tun, seine Füße, die das Evangelium zu anderen bringen, seine Lippen, durch die er die frohe Botschaft verkündet. Christus ist ohnmächtig, wenn wir uns ihm verweigern und ihn nicht erfahrbar machen. Das tun Sie, liebe Schwestern, seit vielen Jahrzehnten.

 

Um leidsensibel und menschenzugewandt zu bleiben, braucht es das Gebet. Auch hier geben Sie auf Ihrer Homepage Zeugnis:

 

Das gemeinsame Beten ist für uns Ordensschwestern ein zentraler Bestandteil unseres Tages und ein Ausdruck unseres Glaubens. In diesen Momenten richten wir uns neu auf Gott und die Menschen aus. Das Stundengebet, das an bestimmten Zeiten des Tages gemeinsam gebetet wird, nimmt dabei eine besondere Rolle ein. Die Laudes am Morgen und die Vesper am Abend bilden die Angelpunkte unseres Gebetslebens.

Im Rhythmus der Schöpfung und im Gebet der Kirche finden wir Trost und Verbundenheit. Millionen von Gläubigen auf der ganzen Welt sind durch das Gebet miteinander verbunden – eine Erfahrung, die tief bewegt und inspiriert. Während wir Psalmen beten und meditieren, betrachten wir unsere eigene Existenz aus Gottes Perspektive und schöpfen neue Kraft für den Alltag.

Das Gebet ist mehr als nur eine religiöse Übung – es ist unsere Verbindung zu Gott, eine Quelle der Gemeinschaft und eine Erneuerung unseres Geistes. Ob in der Stille oder im Zusammensein, das gemeinsame Gebet schenkt Trost, Kraft und Hoffnung für jeden Tag.

 

Auch dieses Gebet ist ein Dienst der Stellvertretung. Wie viele können oder wollen nicht mehr beten. Sie nehmen sie im Gebet mit. Ich bin für Ihre Präsenz in unserem Bistum sehr dankbar.

 

Wie stellen Sie sich die Kirche vor? Kleiner oder internationaler? Auf Ihrer Homepage betonen Sie die Gemeinschaft über alle Grenzen hinweg. Das ist ein Reichtum, den Sie in unser Bistum bringen, aber auch weltweit leben. Als Weltkirche bereichern und stärken wir uns, manchmal müssen wir auch unterschiedliche Kulturen und Glaubenszugänge aushalten und gestalten. Auch diesen Dienst der Stellvertretung und des Beispiels leben Sie. Ich danke Ihnen für Ihren Dienst, Ihren Glauben, Ihre Gemeinschaft und Ihr Gebet. Schön, dass Sie hier leben, aber auch den Blick und die Grenzen weiten. Für alles Kommende wünsche ich Ihnen von Herzen den Segen Gottes.